Versorgungsstrukturen im Gesundheitswesen
Gesundheitsökonomische Evaluationen und Analysen zur Verbesserung von Effizienz und Sicherheit in Versorgungsstrukturen im Gesundheitswesen wie etwa bei Lieferketten für Arzneimittel
Ein Teil der Forschungsprojekte in diesem Schwerpunkt befasst sich mit innovativen Versorgungsstrukturen im Gesundheitswesen, die darauf abzielen, die Qualität der Versorgung von Erkrankten zu verbessern. Dazu gehören beispielsweise integrierte Versorgungsmodelle oder strukturierte Behandlungsprogramme. Das Sozialgesetzbuch schreibt einen wirtschaftlichen Umgang mit Ressourcen vor, den es bei der Konzeption neuer Versorgungsformen im Gesundheitswesen zu beachten gilt. Kostenträger im Gesundheitswesen, allen voran die Gesetzlichen Krankenkassen, sind daher gezwungen, Kosten und Nutzen von Investitionen in die Gesundheit abzuwägen. Eine Entscheidungsgrundlage dafür bieten gesundheitsökonomische Evaluationen. Neben klassischen Kosten-Effektivitäts- und Kosten-Nutzen-Analysen werden auch Analysen zu Controlling-spezifischen Aspekten der Steuerung und Anreizsetzung betrachtet.
Ein großes interdisziplinäres Forschungsprogramm beschäftigt sich mit Lieferproblemen im Markt an Arzneimitteln. Die Lieferketten für Arzneimittel sind ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Versorgungsstruktur im Gesundheitswesen und umfassen die Beschaffung von Arzneimitteln, die Lagerung und den Transport von Arzneimitteln sowie die Verteilung von Arzneimitteln an Apotheken und Krankenhäuser.
CAEHR – Kosten und Nutzen einer IT-gestützten Gesundheitsversorgung durch sektorübergreifende Integration von Routinedaten
CAEHR steht für “CArdiovascular diseases - Enhancing Healthcare through cross-sectoral Routine data integration”. Es handelt sich um ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Forschungsprogramm, das darauf abzielt, die Versorgung von Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen durch eine optimierte Gesundheitskommunikation und die zeitnahe Bereitstellung von relevanten Gesundheitsinformationen zu verbessern. Dabei werden über den gesamten Pfad der ambulanten und stationären Versorgung von Betroffenen forschungskompatibel und sektorenübergreifend Daten bereitgestellt ausgetauscht. Weitere Informationen zum Projekt und den Beteiligten finden sich unter: https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/caehr-die-versorgung-von-menschen-mit-herz-kreislauferkrankungen-optimieren-13019.php
Der Use Case „Notfallversorgung” beschäftigt sich mit Schaganfall-Patient:innen und der Schnittstelle zwischen der Notfallversorgung und der stationären Akturversorgung. Der Use Case „Rehabilitation“ betrachtet die Schnittstelle zwischen der stationären Versorgung und der Rehabilitation von Patien:innen mit einem Aortenklappenersatz, der mittel Kathetertechnologie eingesetzt wurde. Der dritte Use Case „Ambulante Versorgung“ konzentriert sich auf die Schnittstelle zwischen stationärer und ambulanter Versorgung von Personen mit chronischer Herzinsuffizienz und koronarer Herzkrankheit.
Der Lehrstuhl für Controlling und Interne Unternehmensrechnung ist für die gesundheitsökonomischen Evaluationen der drei Teilprojekte zuständig. Hierbei sind Kosten-Effektivitäts- (CEA) und Kosten-Nutzwert-Analysen (CUA) in einem Prä-Post-Design geplant. Für die Bestimmung der Nutzwerte wird auf das QALY-Konzept zurückgegriffen; Effekte bilden aussagekräftige Key Performance Indicators (KPIs) der einzelnen Use Cases. Die relevanten Parameter bzw. Ressourcenverbräuche für die Schätzung der Kosten werden individuell erhoben. Zu diesem Zweck wurden zunächst aufbauend auf Expertenbefragungen relevante Ressourcenverbräuche identifiziert und Fragebögen entwickelt. Bei den QALYs als Nutzwert wird die Perspektive der Patient:innen eingenommen. Bei den Kosten werden die Ergebnisse aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und dargestellt; hauptsächlich soll die Perspektive der GKV und soweit möglich die gesellschaftliche Perspektive eingenommen werden. In Form einer inkrementellen Analyse werden Kosten- und Effektivitätsunterschiede gegenübergestellt.
Kontakt: Lorenz Heil, lorenz.heil@uni-wuerzburg.de; Helena Manger, helena.manger@uni-wuerzburg.de
TRANSIT-Stroke – Kosten und Nutzen eines Telemedizinnetzwerkes zur Schlaganfall-Behandlung
Die Abdeckung ländlicher Gebiete mit spezialisierten Stroke-Units zur Behandlung von Schlaganfall-Patient:innen ist häufig nicht flächendeckend gesichert. Bei Schlaganfall-Netzwerken in Bayern konnte gezeigt werden, dass die telemedizinische Versorgung direkt den zu behandelnden Personen zugutekommt und dadurch sowohl die medizinische Versorgung als auch die Prognose für Betroffene verbessert werden kann. In Nordwest-Bayern wurde im Jahr 2014 ein entsprechendes telemedizinisches Netzwerk eingerichtet werden (http://www.transit-stroke.de/). Neben einer Optimierung der Akutversorgung sollte auch die Sekundärprävention verbessert werden. In einer begleitenden Studie wurde das TRANSIT-Stroke Netzwerk bzgl. seiner Effektivität evaluiert (Gabriel et al. (2020); DOI: https://doi.org/10.1186/s12883-020-01676-6).
Im Rahmen dieses Projekts erfolgt nun eine gesundheitsökonomische Evaluation der Netzwerkstruktur. Diese Evaluation ist als Kosten-Nutzwert-Analyse (CUA) in einem Prä-Post-Design geplant. Für die Bestimmung der Nutzwerte wird auf das QALY-Konzept zurückgegriffen. Der Betrachtungshorizont beträgt drei Monate. Die Kosten werden aus der gesellschaftlichen Perspektive ermittelt. In Form einer inkrementellen Analyse werden Kosten- und Effektivitätsunterschiede gegenübergestellt.
Kontakt: Lorenz Heil, lorenz.heil@uni-wuerzburg.de
BETTER CARE – Kosten und Nutzen eines fach- und sektorenübergreifenden Versorgungsnetzwerks zur Verbesserung der Nachsorge bei Brustkrebs
BETTER CARE steht für BrEasT cancer afTERCARE follow up and program und ist ein vom Innovationsausschuss des G-BA gefördertes Projekt. Das Ziel dieses Projekts ist die Einrichtung und Erprobung eines fach- und sektorenübergreifendes Versorgungsnetzwerk zur Verbesserung der Nachsorge für an Brustkrebs erkrankten Personen, die mit ihren physischen und psychischen Bedürfnissen im Mittelpunkt stehen. Fachärzt:innen sowie Therapeut:innen werden digital gestützt vernetzt und fortlaufend informiert. Die Erkrankten selbst werden gezielt zu Möglichkeiten und Angeboten der Nachsorge beraten und erhalten Zugang zu internet- und mobil-basierten Behandlungen. Dies soll dazu beitragen, die mit der Tumorerkrankung einhergehenden körperlichen und seelischen Belastungen zu vermindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhöhen. Weitere Informationen zum Projekt und den beteiligten Partnern finden sich unter: https://innovationsfonds.g-ba.de/projekte/neue-versorgungsformen/better-care-breast-cancer-aftercare-follow-up-and-programm.428
Der Lehrstuhl für Controlling und Interne Unternehmensrechnung ist für die gesundheitsökonomische Evaluation zuständig. Nach dem Gebot eines wirtschaftlichen Umgangs mit knappen Ressourcen sind Kosten & Nutzen medizinischer Leistungen abzuwägen. Das Evaluationskonzept sieht vor, die Kosten und Effekte zwischen Interventions- und Kontrollgruppe zu vergleichen. In Bezug auf die Effekte strebt BETTER-CARE eine Verbesserung der Versorgungsqualität an, die vor allem in einer gesteigerten Lebensqualität sichtbar werden soll. Daran richtet sich auch die gesundheitsökonomische Evaluation aus. Bei den Kosten werden die Ergebnisse aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und dargestellt; hauptsächlich soll die Perspektive der GKV und soweit möglich, die gesellschaftliche Perspektive eingenommen werden. Relevante Ressourcenverbräuche (z.B. die Anzahl stationärer Aufenthalte im Krankenhaus, Medikamente, zusätzliche Kosten der neuen Versorgungsform) werden monetär bewertet und anschließend den Effekten gegenübergestellt.
Kontakt: Helena Manger, helena.manger@uni-wuerzburg.de
HI-PLUS – Kosten und Nutzen einer bedarfsoptimierten Versorgung durch nichtärztliches Fachpersonal und Herzinsuffizienz eHealth-Plattform
HI steht für Herzinsuffizienz. Das vom Innovationsausschuss des G-BA geförderte Projekt HI-PLUS implementiert und erprobt eine IT-gestützte Struktur für eine bedarfsorientierte Versorgung an Herzinsuffizienz erkrankter Personen. Das Konzept umfasst eine den zusätzlichen Einsatz einer Fachkraft, der sog. spezialisierten HI-Assistenz und den Einsatz einer internetbasierten eHealth-Fallakte. Über diese können auch externe telemedizinische Geräte bedarfsadaptiert angeschlossen werden. Ziel ist die Verbesserung der Versorgungsqualität und -effizienz, u. a. gemessen an der Lebensqualität der Betroffenen (primärer Endpunkt der Evaluation). Daneben zielt die neue Versorgungsform auf eine optimierte Zusammenarbeit innerhalb und zwischen verschiedenen Versorgungsbereichen und -einrichtungen sowie Berufsgruppen ab. Weitere Informationen zum Projekt und den beteiligten Partnern finden sich unter: https://innovationsfonds.g-ba.de/projekte/neue-versorgungsformen/hi-plus-bedarfsoptimierte-versorgung-durch-nichtaerztliches-fachpersonal-und-herzinsuffizienz-ehealth-plattform.378
Der Lehrstuhl für Controlling und Interne Unternehmensrechnung ist in diesem Projekt für die gesundheitsökonomische Evaluation zuständig. Nutzen und Kosten der zu evaluierenden Leistung werden gegenübergestellt. Bezüglich des Nutzens wird die zusätzlich gewonnene (krankheitsspezifische) Lebensqualität betrachtet. Die Erhebung erfolgt aus Perspektive der Patient:innen mittels verschiedener Fragebögen. In Bezug auf die Kosten werden relevante Ressourcenverbräuche erhoben und bewertet. Dazu zählen die zusätzlichen Kosten der neuen Versorgungsform und die Kostenunterschiede der medizinischen Versorgung zwischen neuer Versorgungsform und Usual Care.
Kontakt: Helena Manger, helena.manger@uni-wuerzburg.de; Lorenz Heil, lorenz.heil@uni-wuerzburg.de
EThICS-EU-Program –Sicherung der Versorgung mit lebenswichtigen Arzneimitteln
EThICS-EU steht für Essential Therapeutics Initiative for Chemicals Sourcing for the European Union. Das Ziel dieses interdisziplinären Forschungsprogramms ist die Erforschung und Evaluation von Maßnahmen, die eine Versorgung der europäischen Bevölkerung mit lebenswichtigen Arzneimitteln sichert und globale Abhängigkeiten reduziert. Getragen wird das Programm von einer interdisziplinären Forschungsgruppe der Universität Würzburg mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Chemie, Pharmazie und Betriebswirtschaft sowie einem Beirat aus der Praxis. Kurz- und mittelfristig werden von der Forschungsgruppe ausgewählte Lieferketten lebenswichtiger Arzneimittel von der Rohstoffgewinnung über die verschiedenen Produktionsstufen hinweg bis zum Vertrieb analysiert. In aufeinander aufbauenden Projektphasen wird zunächst Transparenz über gegenwärtige Lieferketten hergestellt, um anschließend Stresstests durchzuführen. Darauf aufbauend werden resilienzerhöhende Maßnahmen entwickelt und evaluiert. Ökonomische Implikationen für die nationalen Gesundheitssysteme werden quantifiziert und daraus Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungsträger sowie Kostenträger abgeleitet. Zur Forschungsgruppe gehören aktuell Prof. Dr. Richard Pibernik (Sprecher/Programmleitung) – Lehrstuhl für Logistik und quantitative Methoden in der BWL, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe – Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie, Julius-Maximilians-Universität Würzburg sowie Prof. Dr. Andrea Szczesny – Lehrstuhl für Controlling und Interne Unternehmensrechnung, Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Kontakt: Prof. Dr. Andrea Szczesny, andrea.szczesny@uni-wuerzburg.de