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Lehrstuhl für BWL und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre
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Gutachten zur "doppelten Besteuerung" von Renten aus der Basisversorgung

05.11.2023

In einem aktuellen Gutachten wurde die „doppelte Besteuerung“ von Renten aus der Basisversorgung unter Leitung von Prof. Dr. Dirk Kiesewetter (Julius-Maximilians-Universität Würzburg), Prof. Dr. Ralf Maiterth (Humboldt-Universität zu Berlin) und Prof. Dr. Ralf P. Schenke (Julius-Maximilians-Universität Würzburg) untersucht und darauf aufbauend ein Vorschlag zur Vermeidung potenzieller Doppelbesteuerungen erarbeitet.

Pressemitteilung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF):

Wissenschaftliche Expertise zur sogenannten „doppelten Besteuerung“ von Renten aus der Basisversorgung

Eine „doppelte Besteuerung“ von Renten aus der Basisversorgung darf es nicht geben – ein klarer Auftrag der Rechtsprechung und unumstößliche Leitplanke der Bundesregierung.

Das Bundesministerium der Finanzen hat im Nachgang zu zwei wegweisenden Urteilen des Bundesfinanzhofs zur sogenannten „doppelten Besteuerung“ von Renten vom 19. Mai 2021 (Aktenzeichen X R 33/19 und X R 20/19) ein externes wissenschaftliches Gutachten eingeholt.

In diesen beiden Entscheidungen hat das höchste deutsche Finanzgericht seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und sowohl den Systemwechsel zur grundsätzlich vollen Einkommensteuerpflicht von Leibrenten und anderen Leistungen der Basisversorgung (Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, aus der landwirtschaftlichen Alterskasse und aus Basisrentenverträgen [„Rürup“-Renten]) als auch die Grundsystematik der gesetzlichen Übergangsregelung seit 2005 erneut als verfassungsmäßig beurteilt. In jedem Fall ist dabei allerdings sicherzustellen, dass es nicht zu einer sogenannten „doppelten Besteuerung“ kommt.

Eine solche „doppelte Besteuerung“ würde nach der maßgeblichen Auffassung des Bundesfinanzhofs dann vorliegen, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse nicht mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen. Es handelt sich mithin um eine arithmetische Ermittlung von Summen und deren anschließenden betragsmäßigen Vergleich.

Erstmals hat das Gericht in seinen Urteilen vom 19. Mai 2021 vorgegeben, wie die beiden Vergleichssummen im Einzelnen zu berechnen sind und welche Parameter im Rahmen der Ermittlung berücksichtigt werden dürfen. Diese Einflussgrößen wurden deutlich enger gefasst, als es der bisherigen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung des Bundes und der Länder sowie des damaligen Gesetzgebers entsprach.

Zielstellung der nunmehr vorliegenden externen Expertise war es, auf der Grundlage dieser höchstrichterlichen Festlegungen durch modellgestützte Berechnungen und empirische Ermittlung eine wissenschaftliche Einschätzung zu erhalten, in wie vielen Fällen, ab welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe eine „doppelte Besteuerung“ von Rentnerinnen und Rentnern verschiedener Erwerbsbiografien eintritt.

Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass Fälle von „doppelter Besteuerung“ auf Basis des geltenden Rechts des Jahres 2022 für zahlreiche Kohorten auftreten würden, die zukünftig in Rente gehen. Volumina und Fallzahlen variieren jedoch je nach Renteneintrittsjahr und Erwerbsbiografie. Zugleich ergibt sich, dass bei bestimmten Erwerbsbiografien bereits Bestandsrentenfälle, vergleichsweise jedoch in geringerem Ausmaß, von „doppelter Besteuerung“ betroffen sind.

Bereits in ihrem Koalitionsvertrag haben die die Bundesregierung tragenden Parteien in Bezug auf die Vermeidung einer „doppelten Besteuerung“ von Renten zwei konkrete Maßnahmen vereinbart: den Entfall der prozentualen Begrenzung beim Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen ab dem Jahr 2023, welcher bereits mit dem Jahressteuergesetz 2022 umgesetzt wurde, sowie den langsameren Anstieg des Besteuerungsanteils für Renten aus der Basisversorgung um jährlich nur noch einen halben statt einem Prozentpunkt beginnend mit dem Jahr 2023.
Beide Maßnahmen leisten auch ausweislich der Berechnungen des Gutachtens einen gewichtigen Beitrag, um eine „doppelte Besteuerung“ in der Breite abzumildern. Gleichwohl reichen sie auch in ihrem kumulativen Zusammenwirken nicht aus, um die Problematik – wie es Bundesverfassungsgericht und Bundesfinanzhof unmissverständlich einfordern – vollumfänglich zu lösen.

Im Gutachten wird ein Konzept vorgeschlagen, mit dem eine „doppelte Besteuerung“ beseitigt beziehungsweise vermieden werden kann und welches weitgehend ohne Nachweis- oder Darlegungserfordernisse von Rentnerinnen und Rentnern auskommt. Kern des Modells ist ein sogenannter zusätzlicher typisierter Rentenfreibetrag, dessen Höhe sich in Abhängigkeit von Renteneintrittsjahr und dreier Parameter, die die Erwerbsbiografie des Steuerpflichtigen widerspiegeln, bemisst und der über einen festgelegten Zeitraum von Amts wegen von der Besteuerung freigestellt wird. Ergänzt wird der Ansatz durch eine antragsgebundene Einzelfallprüfung, die aber nur in wenigen Fällen notwendig sein dürfte.

Das Gutachten bildet einen wichtigen Ausgangspunkt für die weiteren konzeptionellen Arbeiten. Es kann von allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern hier  abgerufen werden.

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