Heute im Interview: Dr. Stephan Fasshauer
11/23/2021Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre der Karrieresprung in Berlin: Der Geschäftsführer der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg Dr. Stephan Fasshauer im Gespräch.
Dr. Fasshauer ist in der Schweiz geboren und in Freiburg im Breisgau aufgewachsen. Nach seinem Abitur an der Waldorfschule hat er von 1993 bis 1998 Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät in Würzburg studiert. Als externer Doktorand promovierte er anschließend (1999 bis 2003) am Lehrstuhl für VWL, Geld- und internationale Wirtschaftsbeziehungen bei Prof. Dr. Peter Bofinger.
Nach Stationen als Leiter des Referates „Volkswirtschaftliche Analysen“ in einem Verband und als Leiter des Referates „Finanzielle Grundsatzfragen der Sozialpolitik“ im Bundesministerium für Arbeit und Soziales übernahm Herr Dr. Fasshauer drei Jahre lang die Geschäftsführung der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg. Seit Ende 2017 ist er Mitglied des Direktoriums der Deutschen Rentenversicherung Bund. Trotz seines gefüllten Terminkalenders hat er sich die Zeit genommen und unsere Fragen mit folgender Anmerkung beantwortet: „Es war ein toller Ausflug in eine ausgesprochen schöne Zeit, die ich keine Minute missen möchte.“ Wir sagen Danke für die Antworten und das schöne Kompliment!
WiWi Fakultät: Was hat Sie seinerzeit bewogen, Volkswirtschaft an der Uni Würzburg zu studieren und im Anschluss dann dort zu promovieren?
Dr. Fasshauer: Bereits in der 10. Klasse stand bei mir der Entschluss fest, Volkswirtschaft zu studieren. Damals waren Wechselkursthemen in den Medien bestimmend. Ich wollte verstehen, weshalb der Wechselkurs zwischen DM und Dollar so wichtig ist. Zudem habe ich mich dafür interessiert, wie das Geld seinen Wert erlangt oder eben auch wieder verliert, welche Mechanismen dabei greifen und wie man das beeinflussen kann. Für die Uni Würzburg habe ich mich nach einer kleinen Rundreise durch Bayern entschieden. Mich überzeugten neben den fränkischen Köstlichkeiten, die Größe der Stadt und das breite Angebot im Bereich der Volkswirtschaftslehre.
In Würzburg habe ich mich immer sehr wohl gefühlt. Das Studium war ausgesprochen abwechslungs- und umfangreich und hat mir zu dem gewünschten Gesamtverständnis verholfen. Zudem gab es vielfältige persönliche Verbindungen in die Stadt, mit bis heute mir sehr wertvollen Freundschaften. Am Lehrstuhl von Prof. Bofinger durfte ich zudem als wissenschaftlicher Mitarbeiter die ersten beruflichen Schritte tun und wusste gleich, dass mit ihm und dem Lehrstuhlteam das richtige Umfeld für eine Promotion besteht. Wir treffen uns noch heute regelmäßig, was einmal mehr zeigt, die richtige Wahl getroffen zu haben.
WiWi Fakultät: Sie sind nun Mitglied des Direktoriums bei der Deutschen Rentenversicherung Bund. Hat Sie unsere Fakultät gut auf diese Aufgabe vorbereitet?
Dr. Fasshauer: Durchaus! Das Thema Geld spielt bei der Deutschen Rentenversicherung mit einem Haushalt von über 300 Mrd. Euro eine bedeutende Rolle. Insgesamt fließt rund jeder zehnte hier in Deutschland erwirtschaftete Euro durch unser System. Bei der Rentenversicherung kommen damit vielfältigste volkswirtschaftliche Faktoren zusammen: von der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, den demografischen Herausforderungen, der Entwicklung der Steuereinnahmen bis zur digitalen Transformation. In jeder einzelnen Formel, die ich in meinem Studium schreiben durfte, waren solche Abhängigkeiten in vielen Facetten enthalten. Daher wurde ich auf das notwendige Verständnis von volkswirtschaftlichen Zusammenhängen gut vorbereitet. Zugleich wurde ich durch die BWL-Fächer auch auf kosteneffiziente Abläufe getrimmt, die natürlich auch zum Tragen kommen. Allerdings ist die DRV hier schon sehr weit: wir geben nur rund 1,2 % der gesamten Ausgaben für unsere Verwaltung mit rund 60.000 Mitarbeitenden aus – ein Wert, der sich durchaus sehen lassen kann.
WiWi Fakultät: Bitte geben Sie uns einen kurzen Einblick in Ihre Tätigkeit. Was empfinden Sie als besondere Herausforderungen?
Dr. Fasshauer: Kommunizieren, Antizipieren, Entscheiden - das ist der ganz, ganz kurze Einblick in meinen Alltag. Angereichert wird dies durch die großen politischen Diskussionen („Ist die Rente sicher?“; natürlich!), die Umsetzung unzähliger Gesetze (z.B. der sog. „Mütterrente“ oder auch der „Grundrente“), dem Umgang mit dem Fachkräftemangel und vielfältigen Vorhaben im Bereich Automatisierung und Digitalisierung. Die besondere Herausforderung besteht hierbei im Halten der Balance zwischen hoher Qualität, Wirtschaftlichkeit, Geschwindigkeit und Mitarbeiterzufriedenheit.
Diese Herausforderung teilen wir wohl mit vielen anderen Playern in unserer Volkswirtschaft:
WiWi Fakultät: Ist die Rente sicher? Mit welchen Änderungen ist in kommenden Jahren zu rechnen?
Dr. Fasshauer: Selbstverständlich ist die Rente sicher! Wir zahlen Monat für Monat rund 26 Mio. Renten aus – die Grundlage für Miete, Krankenversicherung und Lebensmittel für Millionen Menschen. Damit das so bleibt, muss sich das System jedoch beständig weiterentwickeln, um insbesondere der demografischen Herausforderung gerecht zu werden. Die demografischen Belastungen lassen sich dabei nicht „wegreformieren“, sondern diese sind gerecht zwischen und innerhalb der Generationen zu verteilen. Hier wird es mit Sicherheit rentenpolitische Maßnahmen geben, die allerdings wesentlichen von der neuen Regierung abhängig sind. Wir sind ja die Exekutive, also die Ausführenden, die allerdings mit ihrer Expertise immer gerne unterstützen.
WiWi Fakultät: Eine indiskrete Frage: Wie sieht Ihre persönliche Altersvorsorge aus?
Dr. Fasshauer: Mir macht natürlich das Thema Altersvorsorge nicht nur beruflich, sondern auch für mich selbst Spaß. Deshalb habe ich ein recht breites Spektrum an Vorsorgemaßnahmen, die neben der gesetzlichen Rente, auch eine Beamtenpension, einen Riester-Vertrag und noch mehr umfasst. Ich selbst fühle mich gut vorgesorgt für ein langes Leben.
WiWi Fakultät: Haben Sie eine nette Anekdote aus Ihrer Zeit an der Universität Würzburg für uns?
Dr. Fasshauer: Diese Frage halte ich für deutlich indiskreter als die vorherige J. Es gab natürlich eine Reihe von wirklich großartigen Erlebnissen innerhalb und außerhalb der Hörsäle, die mal anständig und mal weniger anständig waren. Die Grundanständigkeit der Würzburger zeigte sich dabei vielfach und einmal am Graf-Luckner-Weiher ganz besonders, als wir bereits mittags einen Zettel in einen der öffentlichen Grills legten und diesen für den Abend für 19 Uhr reservierten. Und tatsächlich war dieser trotz sehr dichtem Gedränge und großer Nachfrage am Abend frei und wir hatten einen weiteren großartigen Ausklang eines anstrengenden Unitages.
Dr. Stephan Fasshauer (Bild: DRV Bund)